6. Magical Places: Links und Dinge, die ich toll finde

Am Ende musste ich feststellen, dass ich nicht über alles schreiben kann, was mich in den USA so bewegt hat. Z.B. hätte ich gerne etwas über Verpackungen und Nachhaltigkeit festgehalten, über Kaliforniens ganz eigenen Konservatismus, den Sporthype, uvm., aber vielleicht übernehmen das ja andere.

Als ich meine bisherigen Einträge nochmal durchgesehen habe, musste ich auch feststellen, dass diese leicht zum Negativen tendieren. Bis auf meine Gedanken zum Skatepark, macht die Bay mit ihrer Politikverdrossenheit, ihrem Grind und der Obdachlosigkeit kein gutes Bild. Und ja, so fahre ich auch nach Hause: In der Bay bzw. in den USA ist vieles im Argen. Die Gesellschaft ist rauer, der Druck scheint höher und vielen Menschen geht es schlecht. Ob sich das so bald zum Bessern ändert, ist nicht abzusehen, die meisten sind pessimistisch. Da bekommt man schnell einen sehr weichen Blick auf Deutschland und Europa. Unsere Sozialsysteme, unsere Freizeit und unser öffentlicher Raum scheinen im Vergleich oft malerisch. Ich weiß auch, dass dieser Schein trügt und wir unsere eigenen Katastrophen haben. Dennoch bleibt das Gefühl, in der Bay einen besonders gebeutelten Ort zu verlassen. Die sozialen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sind enorm, die politischen Antworten scheinen ineffektiv. Dazu kommt eine Dürre, die seit Jahren anhält. Waldbrände zerstören ganze Gemeinden und theoretisch kann jederzeit das nächste Jahrhunderterdbeben die Region plattmachen. Ironischerweise bleiben die Lebenshaltungskosten an diesem Ort exorbitant (ein Studi-Zimmer ca. 1000 Dollar), weshalb die meisten eben grinden müssen. Konstanz wirkt im Kontrast sehr gemütlich und privilegiert.

Dennoch, und nicht nur hier zu einem positivem Schlusswort zu kommen, habe ich mich in die Bay verguckt. Irgendwie haben dieser Ort und seine Menschen einen besonderen Flair und eine besondere Attitüde. Stets bleibt man freundlich, Fremde sprechen sich auf der Straße an, es wird viel gewitzelt und gelacht. Außerdem gibt es sie hier, die berühmte US-amerikanische Freiheit: Jede*r kann, wie er*sie möchte. So zumindest oft der Eindruck. Man trifft Menschen in Verkleidungen, oft wird in der Öffentlichkeit musiziert, es gibt Gefährte, Meinungen, Haustiere und Lebensentwürfe aller Art. Von der queer-polyamoren Beziehungskonstellation zum Mormonentempel, vom Gamelan Musikzentrum zum Scotish Rite Center. Die Diversität der Menschen schlägt sich in einem prallen Kulturangebot nieder, das ich trotz Covid zum Teil kennenlernen durfte. Es gibt unglaubliche Konzertsäle, Kinos, Museen, Streetart und Restaurants. Zum Teil ist es wohl meine Begeisterung als Kleinstädter in der Metropole, aber diese Metropole hat definitiv ihr eigenes Etwas. Und so ist es keine Überraschung, dass die Leute trotz all der Probleme hier gerne leben. Die Bay ist Wahlheimat, Sehnsuchtsort und einmalige Oase in den Weiten der USA. All dies und die tollen Leute, die ich dort kennengelernt habe, werde ich sehr vermissen.

Die California Golden Overtones beim wöchentlichen Konzert auf dem Campus. Hier wird oft und viel musiziert.

 

Die traumhafte Bühne des Fox Theatre.

 

Montags ist Blues Night im Eli´s Mile High Club. Hier wird gejammt und getanzt. Der älteste Musiker, mit dem ich gesprochen habe war 93. Never too old to party!

 

Streetart in Rockridge.

Ich möchte zum Schluss noch eine Liste an Seiten und Podcasts teilen, die mir geholfen haben, die Bay und die USA besser zu verstehen. Außerdem habe ich noch einige Bilder von besonderen Orten zusammengestellt.

  • Die Patrioten ist ein toller Podcast von Zeit Online, der der Frage nachgeht, was die USA noch verbindet.
  • KPFA ist ein Community Radiosender, der spannende Shows und Talks zu politischem und kulturellem in und um die Bay bietet. Mein Standartsender hier.
  • Das Multicultural Germany Project ist ein Blog des German Deparment der UC Berkeley, der einen guten Einblick in die Themen und Arbeitsweise der German Studies in Berkeley liefert.
  • Earhustle ist ein Podcast von Insassen und einer Journalistin über Alltag im berüchtigten Gefängnis St. Quentin in der Bay. Gerade die Geschichten und das Leben der eingesperrten Menschen erzählt viel über die US-amerikanische Gesellschaft.

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