Leises aus der lauten Stadt

Eine Woche ist es nun her seitdem ich chinesischen Boden betreten habe, nach zahllosen Umstiegen irgendwo in der Nähe der Uni angekommen bin und mich wahnsinnig gefreut habe Carina wiederzusehen. Diese Woche voller neuer Eindrücke ist wahnsinnig schnell vergegangen und ich habe kaum die Zeit gefunden einmal innezuhalten und ein wenig darüber nachzudenken, aber gerade dafür eignet sich ein Blog-Eintrag ja hervorragend… so here it is:

(K)eine leise Ahnung…

ist ein Gefühl, dass ich unmittelbar bei meiner Ankunft kennenlernte. Das Flugzeug landete auf einem der hinteren Landeplätze des riesigen Flughafens Shanghai-Pudong. Ein Schild sollte uns deutlich machen, dass wir nicht in das Gebäude gehen sollen, sondern stattdessen auf einen Shuttlebus warten. Schade nur, dass das Schild in Chinesisch war. Verdächtig kam es mir dann aber doch vor, dass alle chinesischen Fluggäste warteten, während die meisten europäisch wirkenden Mitreisenden etwas ziellos umherirrten. So auch ich, aber glücklicherweise machte mich eine nette ältere Dame auf die Busfahrt aufmerksam. Ähnlich ging es dann den ganzen Tag weiter. Die U-Bahn hat glücklicherweise eine Pinyin-Umschrift der Haltestelle und englische Durchsagen. Besonders viel Spaß hatten wir dann beim Air-Bnb dem Wachmann des Gebäudes zu erklären, dass wir eben dort schlafen wollen, obwohl wir nicht dort wohnen. Nachdem Gestik und Mimik ausreichend erschöpft waren (übrigens werden wir beim Activity spielen nach diesem Auslandsaufenthalt unschlagbar sein), baten wir einen Anwohner um Hilfe der zu übersetzten versuchte. Irgendwann winkte der Wachmann ab und wir durften rein. Ich könnte hier noch tausende Beispiele von Kommunikationsschwierigkeiten anführen. Besonders beim Einzug ins Wohnheim und beim Erhalt des Studierendenausweises durften wir fröhlich raten, welche Dokumente gewünscht waren, diese hochhalten und aus der Tonlage unseres Gegenübers erahnen, ob wir das Richtige vorzeigen oder nicht. Ich freue mich, wenn nächste Woche der Chinesischkurs beginnt und die leise Ahnung dann vielleicht ein paar Dezibel lauter wird.

Der leise Tod…

Ist eine passender Kosenamen für die zahllosen Elektroroller die über Shanghais Straßen (und Bürgersteige) gleiten. Tatsächlich ist das Verbot von benzinbetriebenen Motorrollen ein sehr wichtiger Schritt in Richtung Umweltfreundlichkeit, den ich offengestanden in China nicht erwartet hätte. Allerdings fahren die Elektroroller wirklich geräuschlos und haarscharf an den Fußgänger vorbei. Für mich auch leicht irritierend ist die Tatsache, dass für sie das Rot der Ampel nicht zu gelten scheint. Nachdem die Fußgängerampel auf grün umgeschaltet hat, wartet man also besser ein wenig, wenn man nicht unfreiwillig von einem Roller mitgenommen werden will. Gehupt wird nur in Ausnahmefälle, sodass es sich schon anbietet auch öfter mal hinter sich zu schauen und sprunghafte Bewegungen nach links und rechts dann doch lieber vermeidet. Grade bei den großen Distanzen auf dem riesigen Handan-Campus der Fudan Universität schauen wir allerdings auch manchmal etwas neidisch den Rollerfahrern hinterher. Allerdings haben auch wir ein neues Transportmittel für uns erobert:

Das Leihfahrrad. Vermutlich um Platz zu sparen sowie Mobilität und Flexibilität zu fördern, sind diese Fahrräder der absolute Trend in Shanghai. In einem etwas schrillen gelb oder orange leuchten Dutzende dieser Fahrräder an jeder Ecke der belebten Stadt auf. Über eine Handyapp scannt man den QR-Code des Fahrrades woraufhin sich das Schloss am Hinterrad öffnete und man bequem losradeln kann. Das ganze ist extrem kostengünstig und man muss sich keine Sorgen machen, wo man „sein“ Fahrrad abstellt, da man ja für den Rückweg einfach wieder ein anderes verwenden kann. Die Idee finde ich einfach genial und wäre auch etwas für unser schönes Konstanz (allerdings wäre da dann doch eine Gangschaltung angebracht, die hier an den Rädern nicht vorhanden ist).

Die Freude nachdem ich es endlich geschafft hatte die Fahrradapp zum Laufen zu bringen
Die Freude nachdem ich es endlich geschafft hatte die Fahrradapp zum Laufen zu bringen

Die leise Hoffnung…

Ist ein weiteres Gefühl, dass mich seit Tag 1 begleitet. Es hängt vor allem, damit zusammen, dass die Dinge hier nie so richtig klar geregelt sind. Schon bei der Registrierung wird uns gesagt, dass wir als Stipendiaten die Krankenversicherung nicht zahlen und ich denke mir: „Hoffentlich sieht das, der Arzt ähnlich, falls ich doch mal ernsthaft krank werde.“ Nachdem sich die Zeiten meiner Kurse zweimal geändert haben heißt es: „I think the times will probably not change again – well, I hope so.“ (Der Bericht über die Kurse kommt dann nächste Woche, wenn ich tatsächlich weiß, ob alles stattfindet). Hinzukommt natürlich auch immer die Hoffnung, dass der VPN-Client eine Skype-Session durchhält oder z.B. den Upload dieses Blogeintrag schafft (was ihr dann ja sehen werdet…bzw. nicht). In der Mensa ergeht es mir ähnlich, da ich die Beschreibung der Gerichte nicht lesen kann bzw. oft auch gar keine vorhanden ist, zeige ich einfach auch die Zutaten, die ich gerne zu meinem Reis hätte. Dabei verlasse ich mich einfach mal darauf, dass die schon vegetarisch sein werden und im Optimalfall auch gut schmecken. Eigentlich ist, dass gar nicht mal die schlechteste Methode, da man dadurch öfter mal etwas Neues probiert. Eine Liste mit Dingen, die ich hier schon gegessen habe wäre schwer zu erstellen, da ich meistens ja noch nicht einmal weiß, was ich essen – kulinarisch wird das Semester also auf jeden Fall ein Abenteuer.

Günstig und sehr lecker - eine Nudelsuppe mit teils bekannten Zutaten
Günstig und sehr lecker – eine Nudelsuppe mit teils bekannten Zutaten

Ich hoffe natürlich auch, dass mir die Kurse nächste Woche gut gefallen und wir weiterhin nette Leute kennenlernen und last but not least, dass ihr auch ein wenig Spaß beim Lesen dieses Blogeintrags hatte.

 

Zàijiàn und bis die Tage,

Matt (oder wie ich mich hier jetzt wohl schreiben werde 马特 )

 

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