Campus-Leben

  P1000194 Schlafen in einem (chinesischem) Wohnheim ist schwieriger als gedacht. Zumindest wenn man, so wie ich, unter einem leichten Schlaf leidet und einen Geräusche, egal zu welcher Uhr- und Schlafenszeit, wecken. Das können zum einen die massiven Türen der Wohnheimzimmer sein, die, sofern man nicht geduldig darauf wartet, sie leise schließen zu können, mit einem lauten PENG zufallen. Oder Wohnheimmitbewohner, die nachts um ein Uhr ihre circa fünfzehn Umzugskartons über den Boden schleifen und ziehen (tragen scheint keine Option zu sein). Oder sich zu zwanzigst in einem der kleinen Räume versammeln und sich prächtig amüsieren. Wie schön! Morgens bin ich schon von falschen Feueralarmen, der Baustelle vor unserem Wohnheim, den Anfeuerungschören der Erstis (mehr dazu später!) und anderem Lärm geweckt worden. Tatsächlich wache ich auch manchmal von der Klimaanlage auf, die sich ab und zu aus- und wieder einschaltet. Sie brummt und surrt so laut vor sich hin, dass ich davon aufwache. Ich bin aber froh darüber, dass ich eine im Zimmer habe: die ersten zwei, drei Tage wusste ich noch nicht, wie man sie anschaltet und habe ohne geschlafen – das war selbst mir zu warm!

Übrigens wird es noch spannend, wenn endlich unsere Zimmermitbewohner kommen. Meine zukünftige zweite Hälfte ist noch nicht angekommen. Die Uni fängt tatsächlich auch erst am 1. September an. Wenn sie bis jetzt noch nicht da ist, ist sie wahrscheinlich kein Ersti, diese haben im Moment ihre Einführungstagen mit diversen Messen, Showauftritten und Community-Building-Maßnahmen. Der Hostelleiter hat uns netterweise in der extra Einführung, die wir exchange students bekommen haben, darauf hingewiesen, dass es kein true or false im Zusammenleben gibt, nur unterschiedliche Einstellungen zur eigenen Lebensweise. Es sei ein Lernprozess für beide Parteien, ihre Kommunikation so zu verbessern, dass man sich arrangieren kann! Gängiges Problem scheint zu sein, dass Hongkong Studierende oft late-learner, late-sleeper, late-chatter sind und europäische und amerikanische Studierende wohl dazu neigen früher ins Bett gehen zu wollen.

Aber ich bin ja vorbereitet. Auf meinem nicht vorhandenen Nachtisch, daher auf meinem ummodifizierten Schreibtischstuhl liegen bereit: Schlafmaske, Ohrstöpsel und Kopfhörer. Ohne Ohrstöpsel muss ich gar nicht mehr versuchen zu schlafen.

Viele ausländische Studierende haben auch Probleme mit den dünnen Matratzen und den Vorhängen, die sich nicht ganz schließen lassen. Ich habe bisher mehr Probleme mit den Moskitos gehabt und bin nun dazu übergegangen die Fenster einfach gar nicht mehr zu öffnen (wobei sich eins von den Fenstern gar nicht richtig schließen lässt).

Weitere fehlende Möbelstücke sind: keine Mülleimer im Zimmer; es gibt zwar einen Kleiderschrank mit Kleiderstange, aber keine Kleiderbügel (sämtliche Studierende, die einziehen, ziehen also los und kaufen sich Kleiderbügel); keine Putzmittel oder – geräte (ein Besen! Wie toll wäre ein Besen!), kein Raum, in dem man seine Kleidung zum Trocknen aufhängen kann (manche lösen das, in dem sie eine Wäscheleine über ihrem Bett aufhängen) und, ach ja, keine Küche. Kochen wird hier nicht gerne gesehen, mit offenem Feuer ist verboten, umgehen kann man das Verbot zwar mit elektrischen Herdplatten und Reiskochern, dabei muss man aber trotzdem aufpassen, dass man den Feueralarm durch möglichen Wasserdampf nicht auslöst (mir wurde von einer älteren Studentin erklärt, dass man den Feuermelder einfach abdecken soll, während man kocht). Meine vage Hoffnung ist daher, dass meine Mitbewohnerin etwas zum Kochen mitbringt und sie offen dafür ist, auch mal zusammen mit mir zu kochen. Das würde natürlich Kochen im eigenen Zimmer bedeuten, sodass man sich auch auf einen hübschen Essensgeruch im Schlafzimmer einstellen kann. Dafür müsste man nicht so viel Geld für Auswärts Essen gehen ausgeben.

In meinem Hostel gibt es drei Duschen für 28 Mädels (sofern die Zimmer voll werden) und vier Toiletten und vier Waschbecken. Es gibt eine Putzfrau, die jeden Tag kommt und vor allem den Boden putzt. Ab und zu auch die Waschanlagen. Hier werden sich vielleicht die unterschiedlichen Lebensrhythmen auszahlen – oder wird man fürs Duschen echt Schlange stehen müssen? Ich weiß es nicht, bleibe aber gespannt.

Den Campus finde ich sehr schön. Er zeichnet sich durch mühevoll gestaltete Gartenanlagen, gewundenen und überdachten Wegen in chinesischer Bauweise, großen Plätzen, kleinen Staffeln und alternativen WegeP1000197n aus. Ich habe ihn mir größer vorgestellt, immerhin beinhaltet er ein Fitnessstudio und ein 50m Schwimmbecken. Aber er ist nicht so groß, so dass man ohne Probleme von A nach B kommt. Der Platz vor der Kantine ist zu einem beliebten Treffpunkt für ausländische Studierende geworden. Manchmal gesellen sich auch Einheimische dazu, oft genug wirken die Bier trinkenden exchange students aber wahrscheinlich auch abschreckend. Durch die vielen Studierende aus mainland china, die aber, falls ihr es nicht wisst, auch als ausländische Studierende gelten (auch für uns bedeutet ein Besuch nach mainland china ein extra Visum!), bekommt man aber auch so schon Input aus anderen kulturellen Welten. Außerdem ist man einem Buddy zu geteilt worden, die wirklich bemüht sind, bei bestimmten ersten Schritten zu helfen. Der erste Einkauf zum Beispiel oder das Besorgen einer SIM-Karte.

In unserer Einführungsveranstaltung hat eine Mitarbeitern des OGE (Office of Global Education) uns dazu aufgefordert noch einmal in uns zu gehen, warum wir uns für ein Auslandssemester in Hongkong entschieden haben. Die Zeit würde so schnell vergehen, dass wir aufpassen müssen, dass sie nicht einfach verfliegt. Setze dir konkrete Ziele, so ihr Tipp. Zum Beispiel: „make ten local friends“. Ich bin mir nicht sicher, ob Facebook-Freundschaften zählen.

 

Muscheln im Boden
Woran man merkt, dass man an der See lebt: Muscheln im Steinboden

9 thoughts on “Campus-Leben

  1. Henni, das hört sich aufregend an! Da wirkt mein ruhiger Schrank ja noch richtig luxuriös 🙂 Sich Ziele setzen ist bestimmt sehr hilfreich! Vielleicht sollten wir uns auch mal welche überlegen, denn die Zeit scheint jetzt schon einfach an einem vorbeizuziehen. Genieße das andere Leben, nehme ganz viel Neues auf und lass dich von der Klimaanlage nicht ärgern! Passt auf euch auf!

  2. Sollte wirklich mal mehr auf den Boden achten, wie schön 🙂 Hoffe, du verfolgst das Ziel diese Woche fleißigst weiter! Gewöhne mich in Japan gerade wieder an Bier, sodass ich kommende Woche gleich mit einsteigen kann…

    1. Sehr gut 🙂 dann kannst du das japanische Bier mit dem chinesischen vergleichen! Fahrt ihr bald aus Tokyo fort?

  3. Ganz viel Erfolg Henni. Das wichtigste hast du schon: Ziele:)
    Falls es hilft, wir beklagen uns auch über die Lutstärke und Melodien wie Peng Dang Boom oder Karton ziehen 🙂

  4. Oh, ich lese den Blog erst jetzt. Dafür kann ich jetzt gleich einen Eintrag nach dem anderen durchlesen und erfahre bald mehr über die neue Mitbewohnerin und wie das mit Schlafen und co so geklappt hat! 🙂 Toll, dass ich an deinen Erfahrungen teilhaben darf!

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