Fragmentarische Beobachtungen II

#jacarandas

Sehnsüchtig hatte ich auf die blühenden Bäume gewartet, und Anfang Oktober war es endlich soweit: Ein Baum nach dem anderen erblühte in voller Pracht, die Straßen Pretorias waren plötzlich in helles, strahlendes Lila getaucht. Besonders faszinierend war, wie sich die Wirkung der Farbe bei Sonnenschein und bei Dämmerung vollkommen verändern konnte. Die Jacarandas sind hier ursprünglich gar nicht heimisch, sondern wurden aus Südamerika importiert. Da sie so viel Wasser benötigen und daher für solch ein regenarmes Land wie Südafrika doch eher unökologisch sind, ging bereits das Gerücht herum, dass man die Jacarandas wieder aussterben lassen möchte.

Ich hoffe trotzdem, dass es nicht so weit kommen wird oder dass es die dicken und mittlerweile weit verzweigten Jacaranda-Wurzeln selbst zu verhindern wissen. Das Stadtbild Pretorias, das mir oft zu braun in braun erschien, haben sie definitiv sehr viel schöner gemacht und uns den kompletten pretorianischen Oktober hindurch begleitet.

#feelthebeat!

So wie Souvenirs, Postkarten oder Fotos aus fremden (Urlaubs-)orten mitgebracht werden, habe ich schon immer Musik von überall her gesammelt. Ich habe sie als eine lange Playlist auf allen möglichen Geräten und wenn ich sie abspiele, erinnere ich mich genau, was zum Zeitpunkt, an dem ich diesen bestimmten Song tagelang hörte, gerade los war. Hier in Südafrika läuft immer und überall Musik, die fesselt, die einem mitzieht und tanzen lässt. Ich werde daher mit vielen neuen Liedern und Kenntnissen über südafrikanische Künstler im Gepäck nach Hause kommen.

Definitiv vermissen werde ich außerdem den Tanz, die Art zu tanzen, die Art, Musik zu fühlen. Ich habe immer schon gerne getanzt, daher habe ich auch hier versucht, das Tanzen auf diese “andere” Art und Weise zu lernen. Vielleicht war der Tanz sogar die kreative Möglichkeit, hier ein Stück Freiheit zu erleben. Auch das werde ich als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Und wenn mir dann von einer völlig Fremden gesagt wird: „I must tell you: you can dance! You really have the rhythm!“, dann ist das eigentlich eines der schönsten Komplimente, das man in dieser Hinsicht machen kann.

#positiveerinnerungen

Nach und nach wird mir bewusst, was ich hier zurücklasse. Besonders fehlen wird mir das Studentenwohnheim Tuksdorp, der Ort, der mir für ein halbes Jahr ein Zuhause war. Es war oft laut und unruhig, es konnte manchmal stressig sein, aber am Ende sind wir doch alle füreinander da gewesen.

Letzte Woche habe ich mit meinen Mitbewohnerinnen unsere Zeit in Südafrika Revue passieren lassen – dabei haben wir uns über unsere schönsten und schlimmsten Erlebnisse ausgetauscht. Zur schönsten Erinnerung fiel jeder von uns etwas ein, und bei den schlimmsten Erinnerungen waren wir uns auch alle einig: Es gab keine! Vielleicht hatten wir zwei Tage einmal kein Wasser in ganz Tuksdorp und wurden darüber im Unklaren gelassen, wann es wieder zurückkommen würde, vielleicht wurde einmal ein Handy geklaut, vielleicht waren wir auch einmal etwas heftiger krank. Aber in diesen Situationen hatten wir immer einander, hielten immer zusammen, was am Ende alles so viel leichter gemacht hat. Nimmt man die vielen typischen südafrikanischen Braais und Dinner hinzu, die vielen Feste, die wir in Tuksdorp, mit so vielen Leuten aus ganz Afrika und Europa gefeiert haben, dann kann das alles nur in ganz besonders positiver Erinnerung zurückbleiben.

2 thoughts on “Fragmentarische Beobachtungen II

  1. Liebe Sophia!
    Danke für diese Fragmente aus deinem Pretoria-Leben, sie haben mich zum Nachdenken und zum Mitfühlen gebracht. Das Deutschlandbild in anderen Ländern ist einfach so verrückt, mir geht es hier oft ähnlich und ich wundere mich sehr über die Meinungen der Argentinier. Dass man sich dabei mit seinen eigenen Gedanken manchmal zurückhalten muss, ist wohl die beste Möglichkeit, damit umzugehen. Trotzdem denke ich, dass wir durch unsere Anwesenheit schon ein bisschen neuen Wind in die Köpfe der “Einheimischen” bringen. Dann haben wir auch unsere Spuren hinterlassen 🙂
    Ich freue mich schon darauf, deine Südafrika-Playlist anzuhören! Wir sollten mal einen Abend machen, wenn wir alle zurück sind, und zu den Rhythmen unserer Länder tanzen!
    Und dass der Jacarandá aus Südamerika kommt, ist ja verrückt! Schon seit vielen Wochen werden auch hier die Bäume lila in der Stadt und ich habe schon öfters gedacht: Sieh an, so stell ich mir das auch in Südafrika vor. Sieht dem irgendwie ähnlich… Danke also für die Erklärung, da haben wir ja etwas gemeinsam: die kleinen Naturüberbleibsel in der Großstadt!
    Bis bald 🙂

  2. Liebe Sophia,
    Danke für deine spannenden Eindrücke zu Südafrika. Ich fand besonders deine Schilderung zu Deutschland spannend, auch weil sie sich stark mit der Beschreibung Deutschlands durch einen meiner Dozenten deckt! Es freut mich, dass du viel zur Sicht auf Europa mitnehmen kannst und deinen Horizont erweitern konntest. Ich hoffe deine verbleibende Zeit ist nicht mehr so stressig. Genieße deinen letzten Monat noch!
    Liebe Grüße,
    Matthias

    PS: Charlottes Party-Idee würde ich voll befürworten, das wird sicher spannend!

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