Zwischen akutem Fernweh und antizipiertem Heimweh

Hallo liebe Leser,

So, nun ist es tatsächlich soweit. Morgen Nachmittag fliege ich als Letzter von uns auch in mein Auslandssemester. Langsam bin ich auch tatsächlich ein wenig aufgeregt. Die Tatsache, dass ich erst am Samstag dort ankomme, verwirrt mich immer noch sehr. Die Zeit vergeht diese Woche ohnehin schon so schnell und dann fallen auch noch 6 Stunden einfach so unter den Tisch. Ich erinnere mich an die Weltkarte in meiner Konstanzer Wohnung zurück, auf der ich morgens oft auf das weit entfernte China schaute und mich immer wieder über seine enorme Größe wunderte. Übermorgen um diese Zeit werde ich bereits dort sein! Ein sehr seltsames Gefühl. Wie einfach es doch für uns ist die Welt zu bereisen? Trotzdem würde ich, wenn dieses Auslandssemester wäre, in diesen Ferien nicht spontan nach China reisen, sondern in Europa bleiben. So betrachtet freue ich mich auf jeden Fall schon sehr!

Karte Shanghai

Ich zeige bedeutungsschwanger auf Shanghai

Immer wieder gerne werde ich gefragt: „Was du dich gut vorbereitet“?

Klar, nachdem ich einen spanischen Text über Sozialstrukturen des Inkareiches gescannt habe, den ich zu 30% verstehe (bestenfalls), meine Krankenversicherung verlängern durfte (die mir in China nichts nutzt) und dem Rundfunkbeitragsgebührenservice erklären musste, warum meine Eltern immer noch meine Eltern sind und nicht meine coolen neuen Mitbewohner mit eigenem TV in ihrem WG-Zimmer, bin ich absolut bereit.

Diese Woche habe ich nochmal klassische Gerichte genießen dürfen: Knödel im Hemd, Dampfnudeln und Enchiladas in der Pseudo-mexikanischen Cocktailbar hier – typisch deutsche Kost eben. Ich bin gespannt, welche kulinarischen Genüssen mich in China erwarten werden. Vor zwei Monaten war ich mit einer Gruppe Chinesen und einer Freundin aus der Heimat ‚Hot Pot‘ essen. Dabei handelt es sich um einen Topf mit zwei Suppen, der auf einem Gaskocher erwärmt wird und dann mit allen möglichen Zutaten selbst befüllt wird. Ich freue mich darauf neue Dinge auszuprobieren und kann die sprachliche Verwirrung bei der Bestellung vegetarischer Gerichte schon absehen.

Optimistisch blinzelt mein Chinesisch-Buch mit dem schönen Titel ‚Ni Xing‘ = „Du schaffst es!“ aus dem Stapel ungepackter Unterlagen hervor. Bücher heitern mich ja immer auf, normalerweise nicht unbedingt mit einem direkten Aufruf im Titel, aber ich nehme gerne, was ich kriegen kann. Während sich andere Sprachlehrbücher immer gerne ‚Entdeckungen‘/‚Abenteuer‘ nennen oder auf die tollen Lernfortschritte (‚Japanisch im Sauseschritt‘) verweisen, hat das Chinesischbuch eine klare Message. Kein schneller Lernerfolg, aber wenn du dich weiter durcharbeitest, ist es zu schaffen – irgendwie. Gleich daneben liegt ein Marco Polo-Reiseführer für Shanghai. In diesem Kontext macht Marco Polo ja tatsächlich Sinn! Ich frage mich, wie aufregend die Reise ins Unbekannte für ihn wohl gewesen sein muss. Ob er bei all den Wundern und Neuheiten Chinas vielleicht auch mal gedacht hat: „Mensch, in Venedig war’s ja auch schön!“? – Vielleicht.

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Ich jedenfalls werde zu Hause, meine Freunde und meine Familie sehr vermissen. Aber neben diesem antizipierten Heimweh, habe mich doch noch ein starkes anderes Gefühl. Ein ganz akutes Fernweh. Ich freue mich auf eine völlig andere Kultur, auf das heillose Überfordertsein mit der Sprache, auf neue Menschen und neue Erfahrungen. Welche Kurse werden wir wohl besuchen können? Welche Sehenswürdigkeiten erwarten uns? Mit dem werden wir zusammenleben? Auf all das bin ich sehr gespannt.

Nun aber erstmal genug von den Reisevorbereitungen, ich melde mich wieder, wenn ich gut angekommen bin.

Over and out (of Europe) – Euer Matt

One thought on “Zwischen akutem Fernweh und antizipiertem Heimweh

  1. Matthias, pass auf dich (und Carina) gut auf! Ich freue mich schon, wenn du bedeutungsschwanger auf andere Sachen in Shanghai zeigst…
    Und: du schaffst das!
    Grüße vom anderen Ende der Welt 🙂

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