“Was sagen Sie?” – “I’m OK!”

Flo kam an meinem vierten Tag mich zu besuchen. Für die ersten drei Tage hat er ein schönes Zimmer auf AirBnB gebucht. Überrascht! Das war ein Luxus-District mit neuen prachtvollen Wohnhäusern und Wachhäuschen und -männern überall. Wir hatten Glück, mit einer super netten chinesischen Familie am ersten Abend zusammen zu essen. Nach der chinesischen Tradition muss die Frau nach der Heirat mit ihrem Mann zusammenziehen und unter einem Dach mit seinen Eltern und seiner Familie wohnen. Die Kinder werden dann meist von den Großeltern großerzogen. Genau solche Familie haben wir kennengelernt, nette Oma und Opa, die immer mit zwei kleinen Enkeln beschäftigt waren, und ein junges nettes Ehepaar, mit denen wir frei Englisch sprechen konnten. Sie haben ein richtiges Abendessen mit vielen traditionellen alltäglichen Speisen serviert: Mantou (Dampfbrötchen), Reissuppe, die sie trinken (in Chinesischen isst man die Suppe nicht, sondern trinkt “he tang”) eingelegte Gemüse, Nudeln, Rindspieße und natürlich deutsches Bier. Wer importiertes Bier trinkt, der den anderen zeigt, dass man Geld hat. Nach dem Essen, schönen Gesprächen und meiner Erfahrung, ein Kindlein mit den Essstäbchen zu füttern, haben wir beschlossen, die Gegend zu erkunden. Wir waren ganz weit weg von der Stadtmitte, wo die Touristen gewöhnlich ihre Zeit verbringen, in einem Wohnbezirk, in dem die wohlhabenden Familien in einer winzigen Entfernung von den wenig reichen, oder sogar armen Familien leben. Flo und ich sind noch nicht so weit gelaufen, als wir ganz viele tanzende Menschen an einer Kreuzung bemerkt haben. Die Musik war so anlockend, dass ich auch gerne mittanzen wollte. Florian war schüchtern, ich habe ihn trotzdem zum Walsieren aufgefordert. Neue Tänzer auf der Bühne haben sofort großes Aufsehen erregt, und die Professioneller haben angefangen, uns auf Chinesisch (oder war es vielleicht Shanghaisch) zu erklären, wie wir uns richtig bewegen sollen. Ich habe sogar ein Meister-Stunde von einem der Tänzer bekommen! Dann sollten natürlich die Fotos nicht fehlen… Das Interesse zu uns ist schnell gestiegen, die Musik wurde ausgeschaltet, die Frauen haben mich sorgfältig berührt, die Weichheit meiner Haut und die Seidigkeit meiner Haare geprüft, dann etwas laut besprochen. Männer waren währenddessen mit Flo beschäftigt, besonders fiel ihnen seine Nase auf 🙂 Dann zeigt plötzlich der Gruppenleader auf die andere Straßenseite und macht die allen bekannte Trinkgeste… War das eine Einladung zum Trinken? Vielleicht, dachten wir… Natürlich kein Wort wurde verstanden, die Gestensprache funktioniert aber überall!  Nach dem langen Überlegen, ob wir mitkommen sollten, sind wir mit ihnen die Straße rübergegangen (Scherz! Ich habe mich schnell entschieden! Warum nicht? Das ist doch so spannend, mit Chinesen ins Kontakt zu kommen, auch wenn du nicht richtig mit ihnen kommunizieren kannst und außer “Danke!” und Paar andere Worte nicht viel sagen kannst).

Der aktive und auch sehr gesprächige Mann, der uns so gerne einladen wollte, hat uns von Anfang an zugetextet. Es sprach laut, viel und ohne Pausen, so dass sogar seine Freunde nichts dazu sagen konnten. Bier und starker Alkohol stand schon auf dem Tisch, als eine Riesenplatte unter der süßen Soße gebratener Flusskrebse serviert wurde.

img_7849Bald kam noch eine Platte Lotuswurzeln dazu. Oho, und noch unbekannte Pilze. Was bringen sie denn noch?! Bohnen, irgendeines Gemüse und als letzte kamen Schnecken! Ernsthaft?! Wir haben heute Abend schon gut gegessen! Der Hauptmann des Abends hat überhaupt nicht gegessen, nur viel getrunken, gequatscht und viel geraucht, dabei hat er uns und auch anderen natürlich seine Zigaretten angeboten, indem er die Kippen aus seiner Schachtel einfach jede fünf Minuten rechts und links geschmissen hat. So großzügig! Dann wurde es plötzlich leise an unserem Tisch… Der ist auf einmal weg! Keine Ahnung, wo er hingegangen ist, aber seine Freunde an dem Tisch nur schüchtern lächeln konnten. Nach einer Weile kommt der berühmte Chinese mit zwei großen Tüten Obst und händigt uns ein. Ääääääh… Ok, danke! Die Tausenden Worte aus seinem Mund kennen keine Grenzen. Er spricht weiter, erzählt etwas, wiederholt, manchmal lachend, manchmal ernst. Was er meinte, weiß nur ein Mensch auf der Welt. Er. Und vielleicht noch zwei Milliarden Chinesen). Dann geht er wieder weg, kommt zurück und sagt „I‘m OK“… Hier explodierte eine Bombe! Sein Kumpel musste so laut lachen, indem er durch Lachen und Tränen wiederholte “I OK, I OK“ und dann weiter und weiter! Was genau das bedeuten konnte, erfahre ich nie. Das alles war aber so witzig, dass wir mit Flo auch nicht aufhören konnten! Wie lustig, scherzhaft und erlebnisreich der Abend war! Ich werde ihn nie vergessen! Hauptsache, wir haben die Gegend wirklich erkunden)))

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4 thoughts on ““Was sagen Sie?” – “I’m OK!”

  1. Was für ein verrückter Abend! Wie mutig, dass ihr euch darauf eingelassen habt und schön, dass ihr so belohnt worden seid 😀 Klingt ein bisschen wie eine Mischung aus “Lost In Translation” und “Fear and Loathing in Las Vegas”! Ich bin gespannt, was ihr noch so entdeckt 🙂

  2. Bei den Türken wird die Suppe auch ‘getrunken’;) Es ist so toll, dass die Musik, das Bier und das Essen alle Menschen einfach vereinen kann. Freut mich, dass ihr einen wundervollen Abend hattet. Und wünsche euch natürlich weitere 🙂

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