Das ist nicht Amerika.
Das ist eine Stadt, die vorgibt, Amerika zu sein.
Ich werde das Gefühl nicht los, in Berkeley ‘nicht wirklich’ in Amerika zu sein. Das Amerika meiner Vorstellung ist bevölkert von burgerfressenden Trump-Anhängern, botoxabhängigen Barby-Püppchen und gefährlichen Straßengangs. Die Straßen sind groß, weit und vor allem fußgängerfrei. Das Leben spielt sich vorm Fernseher und in der Kirche ab. Footballer und Cheerleader sind cool – der Rest ist verloren. Vielleicht waren mehr als 20 Staffeln Simpsons einfach zu viel des Guten. Vielleicht – und dieser Verdacht erhärtet sich immer mehr – bin ich aber auch Teil der Berkeley-Blase.
Hier in Nordberkeley ist die Welt noch in Ordnung. Rehe und Eichhörnchen, manchmal auch Truthähne (?), besuchen unseren Garten. Die Nachbarn grüßen, wenn sie mit ihren hundeartigen Mini-Ratten spazieren gehen. Morgens liegt die New York Times in der Auffahrt und abends gehen um zehn die Lichter aus. Alle haben Bernie gewählt, niemand kann sich für Hillary oder gar Donald erwärmen. Jeder recycelt (zumindest nach amerikanischen Standards). Man begegnet Radfahrern und superfitten Joggern, denen die Berge keine Mühe zu bereiten scheinen. Alle scheinen entweder an der Universität zu arbeiten oder dort studiert zu haben. Zu gern lässt man sich die kalifornische Sonne im Garten auf den Bauch scheinen und liest ein politisch korrektes Buch.
Berkeley ist ein linkes Spießerparadies mit gerade genug Urban Gardening und Cooperative Associations, so dass man sich keine Gedanken über das macht, was hinter der Fassade steckt. (Unsere häufigsten Amerika-Assoziationen: ‘Fassade’, ‘Kulisse’, ‘wie im Film’)
Beim Mittagsspaziergang zeigt sich schnell ein anderes Nordberkeley: Die Akademikerfamilien sind ausgeflogen. Trotzdem sind die Straßen nicht vollkommen leergefegt. Unter den Bäumen sitzen Hispanics in Grüppchen am Bordsteinrand und kochen sich ihr Mittagessen auf kleinen Herdplatten. Den ganzen Tag pflegen sie die Gärten, reparieren Leitungen und Lampen, streichen die schönen Fassaden neu, waschen die Wäsche, putzen die Wohnung. Dabei sind sie fast unsichtbar. Wenn man sie nicht sehen möchte, dann muss man sie nicht sehen. Und wenn man kein Spanisch kann, dann kann man auch nicht mit ihnen sprechen.
Auch unser Haus wird gerade gestrichen. Als ich am Wochenende die Vorhänge aufzog, um die kalifornische Sonne zu begrüßen, begrüßte mich stattdessen ein junger Mexikaner auf einer Leiter. Ich murmelte verschämt etwas Unverständliches und verzog mich schnell in die Küche. Beim Kaffeemachen dachte ich darüber nach, ob es wohl angebracht wäre, den Malern etwas davon anzubieten. Ich habe lange gehadert und mich dann dazu entschieden, es nicht zu tun. Die lahme pseudo-kulturwissenschaftliche Begründung „Das macht man hier nicht. Unsere Vermieter machen das auch nicht“ hat mich menschlich ehrlichgesagt nicht überzeugt.
Vielleicht kommen sie dieses Wochenende wieder und ich habe die Chance, es besser zu machen.
Berndownforwhat. düüüp düüdüüüp düp düdüp düüp
-.- na danke.
Danke für die schöne Beschreibung von Nordberkeley 🙂 Ich musste nur kurz aufpassen, dass ich bei Minir… nicht mein Laptop fallen lasse (Esi’s Fobby) 🙂 Danach musste ich an die Filme denken, die ich bisher von Kalifornien gesehen habe:) Mit den Hispanics kannst du dich ja unterhalten:)
Ich denke auch manchmal darüber nach, ob man gewisse Sachen hier macht oder nicht. Ich habe meine Lösung: Ich mache es einfach 🙂 Der Mexikaner freut sich bestimmt über den Kaffee:)